Der Alte Friedhof, zwischen Rochusallee und Holzhauserstraße (früher „Mittelpfad“), umfasste bei seiner Eröffnung 1822 eine Fläche von rund 2.800 Quadratmeter. Bereits nach dem Erlass Napoleons 1804, dass Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern zu errichten seien, musste die Stadt Bingen ein neues Grundstück suchen, um vom Friedhof an der Basilika St. Martin Abstand zu nehmen. Die entsprechende Weinbergsparzelle wurde 1809 gekauft und wurde bereits einige Jahrzehnte später zu klein, sodass der Friedhof mehrfach erweitert wurde.
Geschichte und Bedeutung des Friedhofs
Wie Kulturamtsleiter Dr. Matthias Schmandt in seiner Führung „Grabdenkmäler erzählen Geschichte(n) – Ein Stückchen Stadtgeschichte neu entdeckt: Der Alte Friedhof erzählt, heißt es in einem Stadtratsbeschluss von 1860, dass sich die Bestattungsregularien zwischen „Erbbegräbnissen, Begräbnissen auf 40-50 Jahre und unentgeltlichen Begräbnissen“ zu unterscheiden haben. Außerdem sollte „ungefähr das Zehntel des Begräbnisraumes […] für die Evangelischen reserviert werden, da das Gesetz es bestimmt u. die beiden Geistlichen der […] christlichen Religionen sich bereits damit einverstanden erklärt haben.“
Der Friedhof wurde bis 1920 belegt. 1976 wurde der Friedhof zum Bürgerpark mit einer Größe von etwa 11.000 Quadratmeter umgestaltet und noch heute zeugen zahlreiche (über 100), zum Teil äußerst imposante Grabmäler von der Historie. Auf dem Grabmal der Familie Lennig ist der Spruch zu lesen „Lasset die Kleinen zu mir kommen, denn ihnen ist das Himmelreich“. Hier haben neben Nicolaus Lennig (gestorben 1869) und seiner Frau Caritas (gestorben 1870) sechs ihrer Kinder, die das Säuglings-, beziehungsweise Kleinkindalter nicht überlebt haben, ihren letzten Ruheplatz gefunden – ein Zeichen für die hohe Kindersterblichkeit im 19. Jahrhundert. „Das Beispiel der Lennigs zeigt, dass die hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit nicht allein die ärmeren Schichten betraf: Der Vater war als Weinhändler und im Gerbergewerbe tätig. Die Familie gehörte somit zu den wohlhabenden Kreisen in Bingen mit entsprechend komfortablem Lebensstandard“,
so Dr. Schmandt.
Quelle: Webseite der Stadt Bingen
Wie wurde dokumentiert?
Die Erfassung aller Grabsteine erfolgte im wesentlichen in den Jahren 2017 und 2018. Bei den insgesamt 127 Steinen zeigten sich z.T. bereits deutliche Verschlechterungen des Zustands im Vergleich zu der Aufnahme durch Herrn Engelhardt 1980. Dessen Unterlagen befinden sich im Archiv der Stadt Bingen. In der Datei fehlt der Grabstein mit der Nr. 56 (nicht vergeben). Wir haben mit der Nummerierung und der Erfassung in der südöstlichen Ecke an der Rochusallee begonnen (s. Plan „Alter Friedhof 2021“) und mit Nr. 126 in derselben Ecke aufgehört. Ein Grabmal war in dem Plan nicht aufgeführt (jetzt Nr.127). Es befindet sich in der Nordwestlichen Ecke unweit des Eingangs von der Holzhauserstraße aus. Die einzelnen Blätter zu den Grabmalen enthalten sämtliche noch entzifferbaren Inschriften und Zeichen. In Klammern finden sich gelegentlich Ergänzungen aus früheren Aufnahmen, die jetzt bereits vom Zahn der Zeit vernichtet wurden. Zu mehreren Grabsteinen gibt es mehrere Fotos, deren Nummern wir in der Foto- Datenbank dokumentiert haben. Darauf lassen sich Einzelheiten besser erkennen.Wir haben auch Informationen zu mehreren Grabsteinen bzw. den Familien aus unterschiedlichen Quellen zugefügt, um dem geneigten Interessenten die geschichtliche Bedeutung eines solchen heute öffentlichen Parks bewusst zu machen. Zum Zwecke genealogischer Forschung sollen sämtliche Informationen in einem späteren Schritt noch mit den Familienbüchern aus dem Standesamt der Stadt Bingen verknüpft werden. All das wird dann auf der Homepage der Historischen Gesellschaft Bingen e.V. zu finden sein.
Wilfried Knuth
Bingen im März 2019
Grabsteine Binger Persönlichkeiten
Zu 28 Grabsteinen auf dem Alten Friedhof sind von den Vorstandsmitgliedern Herrn Knuth und Herrn von Eyß nicht nur Informationen zu den Grabmalen, sondern auch den Familien recherchiert worden.
Mit Klick auf den Link öffnet sich die pdf-Datei automatisch.
Grabmal 1
Joseph Brilmayer
Grabmal 6
Carl Joseph Kartell (1811-1866)
Kath. Amalie Kartell, geb. Espenschied (1813-1886)
Amalie Espenschied
[Rest nicht mehr lesbar]
Grabmal 12
Adam Jos. Racke (1827-1913)
Johanna Ant. Racke, geb. Beck (1840-1965)
Georg Ad. Racke (1860-1914)
Katharina Wilhelm. Racke, geb. Euler (1866-1931)
Grabmal 12
Adam Jos. Racke (1827-1913)
Johanna Ant. Racke, geb. Beck (1840-1965)
Georg Ad. Racke (1860-1914)
Katharina Wilhelm. Racke, geb. Euler (1866-1931)
Grabmal 16
Dr. Carl Horn (1843-1904)
Adele Horn, geb. Marcus (1854-1936)
Dr. Carl Julius Horn (1885-1943)
Grabmal 28
Andreas Billardt (1787-1875)
Susanna Billhardt (1803-1875)
Karl Billard (1836-1901)
Magdalene Billhardt (1832-1914)
Grabmal 34
Stephan George (1841-1907)
Eva George, geb. Schmitt (1841-1913)
Anton George (1808-1881)
Anna George, geb. Müller (1812-1890)
Grabmal 42
Eduard Gottlieb Ernst Sander (1809-1873)
Auguste Sander (1842-1903)
Babette Sander, geb. Bernard (1849-1907)
Eva Sander (1848-1912)
Grabmal 43
Sophie Puricelli (1902-1881)
Carl Puricelli (1794-1872)
Carl Puricelli (1824-1911)
Grabmal 47
Georg Geromont (1769-1833)
Grabmal 48
Carl August Fischer (1833-1914)
Wilhelmine Margarethe Fischer, geb. Jung (1833-1905)
Grabmal 49
Carl Jos. Kartell (1784-1863)
Auguste Kertell, geb. Becker (1829-1882)
Jean Baptist Kartell (1825-1889)
Peter Anton Kertell (1819-1866)
Katharina Kartell, geb. Kölges (1821-1895)
Grabmal 57
Joseph Soherr (1781-1850)
Maria Anna Soherr, geb. Kampers (1788-1858)
Berta Soherr (1898-1907)
Georg P. Soherr (17.11.1944-25.11.1944)
Georg Soherr (1872-1946)
Maria Soherr (1946-1948)
Peter Soherr (1816-1864)
Joseph Soherr (1850-1852)
Kath- Theresia Soherr, geb. Sahl (1823-1875)
Grabmal 61
Joh. Adam Wagner (1824-1873)
Grabmal 63
Franz Joseph Weiss (18xx-1841)
Catharina Weiss (1821-1822) – „Die erste Bewohnerin dieses Friedhofs.“
Grabmal 64
Peter Joseph Castello (1806-1850 oder 1856)
Grabmal 66
Anna Fr. Soherr, geb. Kellermann (1801-1856)
Philipp Peter Soherr (1785-1867)
Eberhard Soherr (1812-1887) (nur Asche, nicht hier begraben)
Elisa Soherr, geb. Zeidt (1818-1884) (nur Asche, nicht hier begraben)
Elisabeth Zeidt (1788-1863)
M. Marg. Soherr, geb. Fischer (1793-1817)
NN Soherr
Grabmal 78
Nicolaus Hennig (1799-1869)
Caritas Hennig, geb. Geringer (1802-1870)
Nicolaus Lennig (1825-1825)
Cath. Josepha Lennig (1829-1830)
Anna Maria Lennig (1824-1830)
Franz Lennig (1832-1833)
Heinrich Lennig (1839-1839)
Nicola Lennig (1834-1840)
Adam Lennig (1828-1849)
Friedrich Lennig (1838-1864)
Grabmal 82
Lorenz Pennrich (1810-1882)
Barb. Josephine Pennrich, geb. Lennig (1826-1899)
Carl Pennrich (1857-1919)
Frz. Anton Pennrich (1848-1885)
Elise Pennrich, geb. Fey(en)
Grabmal 92
Anna Magd. Hilsdorf (1862-1873)
Johann Bart. Hilsdorf (1835-1918)
Christine Hilsdorf, geb Eulner (1841-1920)
Grabmal 107
Robert Platte (1848-1910)
Grabmal 111
Sophie Espenschied (1817-1894)
Julius August Espenschied (1829-1909)
Julius Espenschied (1875-1914)
Julius Espenschied (1904-1925)
Grabmal 113
Jak- Sieglitz (1848-1912)
Joh. Jak. Steglitz (1921-1921)
Elli Stieglitz (1889-1895)
Ida Stieglitz, geb. Stumpf (1849-1929)
Grabmal 115
Elise Goebel, geb. Pennrich (1850-1901)
Karl Goebel (1840-1919)
Grabmal 119
Eva Anna Maria Soherr, geb. Weinert (1845-1909)
Joseph Hieronymus Soherr (1836-1889)
Grabmal 122
Josepha Allmann (1873-1881)